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Ralf Hanrieder

magischer Würfel

Austellungsdauer: 08.10. - 31.10.2004

„magischer würfel“ heißt die Ausstellung.
Man könnte sich unter diesem Titel allerlei Buntes, Vielfältiges, Ungreifbares vorstellen, etwas das mir persönlich bei einer spielerischen Assoziation von Magie in den Sinn kommt, ein wenig schillernd, vielleicht so etwas wie Jahrmarktmagie.
Oder aber auch das große, unendliche Dunkel, in dem sich Unerklärliches verbirgt. Um nur zwei von vielen Vorstellungen zu nennen. Aber beides ist es hier nicht. Ganz im Gegenteil: Klarheit und Begrenzung in Form- und Farbgebung herrschen vor – sowohl in den Grafiken als auch in den Objekten bzw. der Videoinstallation im vorderen Bereich. Struktur und System prägen die Arbeiten: schwarz/weiß, leichte Grautöne voller Exaktheit angewandt, nur im Video ist ein Bewegungsfluss in rhythmischer Drehung erkennbar. –
Nun. Dazu ist interessant zu wissen, dass hinter den Arbeiten Ralf Hanrieders eine uralte Tradition steht, wie sie sich in vielen Kulturen – in Japan die kosmologischen Diagramme, im arabischen Raum die Kabbala – finden lässt und die bereits ca. 500 Jahre vor Christus in China Spuren hinterließ, – die uralte Tradition, sich das Unerklärliche, Undurchschaubare, das Magische kosmischer Gesetze mittels rechnerischer Logiksysteme zu erschließen. Eines davon ist das magische Quadrat, das aus den Summen der jeweilige, Horizontalen, Vertikalen und Diagonalen entsteht. Die Erweiterung dessen ist der magische Würfel, der in den präsentierten Arbeiten sichtbar gemacht ist: Hanrieder transformiert die Faszination magischer Zahlenstrukturen, indem er bei seinen Würfelarbeiten entsprechend der Zahlenanordnungen Linien einarbeitet und somit dem Rätsel kosmischer Gesetzmäßigkeiten Bilder bzw. Körper verleiht.
Seit über 12 Jahren arbeitet R. H. an diesen mathematisch-logischen Erklärungsmustern, die kosmische Gesetze – das eigentlich Rätselhafte - vereinfachen sollen. Er arbeitet daran, diesen Systemen Sichtbarkeit zu verleihen, indem er künstlerische Abbilder dieser magischen Zahlen schafft. – Nichts weiter also als ein ausgefeiltes „Malen nach Zahlen“, wie er es selbst mit einem Augenzwinkern formulierte? Ein gewisses mechanisches Element ist in diesen strukturierten Zahlenabbildern nicht zu leugnen. Aber gerade in dem Maß, in dem auf die Struktur angespielt wird, liegt ein Hauch von Ironie. So wie in den Abbildern selbst – besonders in den Grafiken, die uns hier umgeben –, in deren exakter Überspitztheit das Phänomen des wohlgemerkt: menschlichen Konstrukts deutlich wird. Hier ist der ironische Hauch zu spüren, der über allen Arbeiten schwebt: Denn das Sichtbarmachen dieser – schon asiatische ZEN-Gartenanlagen bestimmenden – Strukturierungsformeln, welche die exakte künstlerische Umsetzung spiegelt, ist zugleich ein Sichtbarmachen der Absurdität des ganzen Unterfangens, – eines Unterfangens, dem sich die Menschheit in langer, langer Tradition immer wieder hingibt: Die Arbeiten – und damit vor allem die menschlichen Konstrukte in Form von kosmischen Zahlensystemen - führen sich selbst ad absurdum – in den Arbeiten geschieht dies ganz bewusst, denn die Exaktheit der menschlichen Logik vermag nicht, ihr Gegenteil zu fassen; das Sichtbare vermag nicht, das Unsichtbare zu fassen.
Gerade die überspitzte Manier, mit der Hanrieder die Systematik und Genauigkeit – z.B. der Linienführung – zu Schau stellt, offenbart eine Bewusstheit ob dieses Dilemmas des menschlichen Verstandes, der so gerne Licht ins Dunkel bringen würde.
Ein ironisches Augenzwinkern begleitet diesen Versuch, das Unmögliche möglich zu machen.
Ein ironisches Augenzwinkern begleitet auch den Blick auf die lange, lange Tradition in der Vergangenheit gleichermaßen wie es damit auf Zukünftiges vorausweist und uns einen „Ausblick“ (so ja auch der Titel unserer Ausstellungsreihe!) auf die ewige Wiederholung dieser Absurdität bietet. Eine gewisse Komik entbehrt diese „never ending story“ dabei nicht – ebenso wenig wie das Spiel mit den Würfeln, die manches Mal eben einfach fallen, wie sie fallen – magisch oder nicht magisch.

Hille Schawrze






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